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Verantwortungsvoller Umgang mit der Geschichte

Als am 20. September 1949 Thomas Dehler (FDP) zum ersten Bundesminister der Justiz ernannt wurde, gab es bereits eine lange und wechselvolle Geschichte zentraler deutscher Justizbehörden. Das Bundesministerium der Justiz stellt sich seiner besonderen Verantwortung, die ihm aus dieser Geschichte erwächst.

zu sehen ist die Pforte des Bundesministeriums der Justiz
Quelle: Photothek/ Heinl

Im Zuge der demokratischen Revolution 1848 wurde der liberale Staatsrechtler Robert von Mohl deutscher Justizminister. Doch der Versuch der Frankfurter Nationalversammlung, einen Nationalstaat auf demokratischer Grundlage zu schaffen, scheiterte am Widerstand des preußischen Königs. Schon 1849 endete die kurze Existenz des ersten Reichsjustizministeriums.

Erst 1871 gelang die Gründung des Deutschen Reiches, nun durch „Eisen und Blut“ statt durch das Votum des Volkes. 1877 wurde das Reichsjustizamt gegründet. Weil Reichskanzler Bismarck keine anderen Minister neben sich wollte, schuf er an Stelle von Ministerien nur Reichsämter mit einem Staatssekretär an der Spitze. Das Reichsjustizamt war vor allem für die Vorbereitung der Gesetzgebung im Justizbereich zuständig. In seinen Geschäftsbereich fielen zudem das Reichsgericht, die Reichsanwaltschaft und das Reichspatentamt. Der Großteil der Gerichte und Justizbehörden blieb aber in der Verantwortung der Länder. In jener Zeit wurde die deutsche Rechtseinheit geschaffen und der Rechtsstaat ausgebaut. Wichtige Gesetze wie das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), die Zivilprozessordnung (ZPO), die Strafprozessordnung (StPO) und schließlich das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) entstanden.

Mit der Gründung der Weimarer Republik ging 1919 aus dem Reichsjustizamt das Reichsjustizministerium hervor. An dessen Spitze standen nun Minister, die der Volksvertretung, dem Reichstag, verantwortlich waren. Die Weimarer Verfassung sorgte für die Weiterentwicklung des formalen zum sozialen Rechtsstaat. Bedeutendster Reichsjustizminister der Weimarer Republik war der Rechtsphilosoph Gustav Radbruch, in dessen Amtszeit unter anderem ein Jugendgerichtsgesetz erarbeitet wurde. 

Im Zuge der NS-Diktatur erfolgte die „Gleichschaltung“ der Länder, das Reichsjustizministerium übernahm ab 1934 die Kontrolle über die gesamte deutsche Justiz. Das Reichsjustizministerium war an der Zerstörung des Rechtsstaates und den Justizverbrechen der NS-Zeit maßgeblich beteiligt. Eine kritische Aufarbeitung dieses dunkelsten Kapitels der deutschen Justizgeschichte erfolgte erst spät. 1989 hat das Bundesjustizministerium die Ausstellung „Im Namen des Deutschen Volkes. Justiz und Nationalsozialismus“ erarbeitet. Seit 2008 ist sie dauerhaft im Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu sehen.

Nach der Befreiung vom NS-Unrecht und der deutschen Teilung entstand 1949 in der DDR ein Ministerium der Justiz. Es war Teil der „Diktatur des Proletariats“ und diente auch der Lenkung einer abhängigen und politisierten Justiz. In Auseinandersetzung mit dieser Epoche der Geschichte schuf das Bundesjustizministerium 1994 die Ausstellung „Im Namen des Volkes? Über die Justiz im Staat der SED“.

In der Bundesrepublik wurde mit der Schaffung des Grundgesetzes 1949 die Zentralisierung der Justiz wieder rückgängig gemacht. Artikel 92 des Grundgesetzes bestimmte: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch das Oberste Bundesgericht, durch die in diesem Grundgesetz vorgeschriebenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.“ Das bedeutete: Alle Gerichte unterhalb der Bundesgerichte wurden Ländergerichte und auch von den Ländern verwaltet. Das Bundesministerium der Justiz wurde ein „Gesetzgebungsministerium“, wie es bereits das Justizministerium der Weimarer Republik gewesen war. Seine Aufgaben liegen überwiegend in der Gesetzgebung und nicht im Bereich der verwaltenden und unmittelbar gestaltenden Regierungstätigkeit. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Ministerium Gesetze erlässt. Gesetzgeber sind der Deutsche Bundestag und der Bundesrat. Das Bundesministerium der Justiz bereitet aber im Rahmen seiner Zuständigkeit die Gesetzentwürfe der Bundesregierung vor und es prüft als Verfassungsministerium auch die Gesetzentwürfe der anderen Ministerien auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Das Bundesjustizministerium ist aber nicht ausschließlich für die Gesetzgebung zuständig. Zu seinem Geschäftsbereich gehören auch die folgenden Gerichte und Behörden: der Bundesgerichtshof und der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesfinanzhof, das Bundespatentgericht, das Deutsche Patent- und Markenamt sowie das 2007 geschaffene Bundesamt für Justiz.

Seit der Wiederherstellung der deutschen Einheit 1990 ist das Bundesministerium der Justiz die zentrale Justizbehörde für ganz Deutschland. Im Sommer 1999 ist es von Bonn nach Berlin umgezogen, es hat seinen Sitz seither in der Stadt, in der das Justizministerium der ersten deutschen Republik, aber auch der NS-Barbarei ihren Sitz hatten. Hier ereigneten sich Höhe- und Tiefpunkte deutscher Rechtsgeschichte; auch deshalb ist dem Bundesministerium der Justiz ein kritischer Umgang mit der Geschichte des Justizressorts so wichtig.

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