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Selbstbestimmungsgesetz - Fragen und Antworten

Mit dem „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG)“ soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändern zu lassen. Derzeit berät der Deutsche Bundestag über den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Nachfolgend sollen die wichtigsten Fragen zu dem Entwurf beantwortet werden. Antworten auf die meist gestellten Fragen zu Selbstbestimmungsgesetz finden Sie hier:

Mit dem „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG)“ soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtert werden, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändern zu lassen. Derzeit berät der Deutsche Bundestag über den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Nachfolgend sollen die wichtigsten Fragen zu dem Entwurf beantwortet werden. Antworten auf die meist gestellten Fragen zu Selbstbestimmungsgesetz finden Sie hier.

Grafik mit Text "Sei du selbst"
Quelle: BMJ

I. Wesentlicher Inhalt, Motive und weiterer Zeitplan

  • Das Selbstbestimmungsgesetz soll es einfacher machen für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen ändern zu lassen. Die Änderung soll in Zukunft durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt vorgenommen werden können. Eine gerichtliche Entscheidung über die Antragstellung soll nicht mehr erforderlich sein. Auch die Notwendigkeit zur Einholung zweier Sachverständigengutachten soll entfallen. Das Gesetz soll an die Stelle des Transsexuellengesetzes (TSG) von 1980 treten.
  • Das Gesetz wird keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen treffen. Der Entwurf trifft auch keine Regelung dazu, wie trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen anzureden sind.

  • Das Grundgesetz schützt auch das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung. Das hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt klargestellt. Durch das Selbstbestimmungsgesetz soll die Verwirklichung dieses Rechts erleichtert werden. Nach dem geltenden Transsexuellengesetz (TSG)setzt die Änderung des Geschlechtseintrags die Einholung von zwei Sachverständigengutachten und eine gerichtliche Entscheidung voraus. Diese Vorgaben empfinden viele Betroffene als entwürdigend. Das Verfahren ist außerdem langwierig und kostspielig.
  • Auch die Begutachtenden selbst äußern sich zunehmend skeptisch in Bezug auf die Begutachtungspflicht. Der deutsche Psychotherapeutentag hat sich dafür ausgesprochen, eine Änderung über eine Erklärung beim Standesamt zu regeln und den Geschlechtseintrag im Wesentlichen nur vom Geschlechtsempfinden der antragstellenden Person abhängig zu machen.

  • Ja. Insgesamt gibt es in 15 Ländern ein vergleichbares Gesetz. Argentinien war 2012 das erste Land, das eine Änderung des Geschlechtseintrags per Selbstauskunft ermöglichte. Zudem gibt es ähnliche Gesetze in Chile, Malta, Dänemark, Luxemburg, Belgien, Irland, Portugal, Island, Neuseeland, Norwegen, Uruguay und der Schweiz. Vor kurzem haben auch Spanien und Finnland solch ein Gesetz verabschiedet.

  • Das TSG ist über 40 Jahre alt. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen wesentliche Teile des geltenden TSG für verfassungswidrig erklärt. Schon deshalb ist eine Ersetzung angezeigt. Im Übrigen ist auch der Name „Transsexuellengesetz“ ersetzungsbedürftig: Das Wort „transsexuell“ ist historisch verknüpft mit der Pathologisierung und Stigmatisierung von transgeschlechtlichen Personen.

  • Der Entwurf wurde an einigen Stellen angepasst.
  • Hinsichtlich der Änderung des Geschlechtseintrags minderjähriger Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde ergänzt, dass bei der Erklärung des gesetzlichen Vertreters beim Standesamt auch die minderjährige Person anwesend sein muss. Zudem wurde geregelt, dass bei minderjährigen Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Erklärung des gesetzlichen Vertreters zur Änderung des Geschlechtseintrags des Kindes zusätzlich des Einverständnisses des Kindes bedarf, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat.
  • Für minderjährige Personen soll nun zusätzlich gelten, dass eine beschränkt geschäftsfähige minderjährige Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, bei der Änderungserklärung mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2 SBGG zu erklären hat, dass sie beraten ist. Dies bedeutet, dass sie sich umfassend informiert hat. Zusätzlich ist eine beispielhafte Aufzählung möglicher Beratungsstellen vorgesehen. Ähnliches gilt, wenn eine minderjährige Person geschäftsunfähig ist oder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für die Versicherung des gesetzlichen Vertreters. Diese hat die Erklärung zu enthalten, dass er entsprechend beraten ist.
  • Des Weiteren wurde die bislang vorgesehene Regelung zur automatisierten Datenweiterleitung der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen an verschiedene Behörden gestrichen.

  • Das Selbstbestimmungsgesetz wurde am 12. April 2024 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich. Das Gesetz soll zum 1. November 2024 in Kraft treten. § 4 SBGG (Anmeldung beim Standesamt) soll bereits am 1. August 2024 in Kraft treten.

  • Konkrete Zeitangaben kann die Bundesregierung nicht treffen: Die Entscheidung liegt beim Deutschen Bundestag. Der Gesetzentwurf sieht ein Inkrafttreten am 1. November 2024 vor.

II. Voraussetzungen der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen

  • Eine Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll künftig durch eine „Erklärung mit Eigenversicherung“ gegenüber dem Standesamt bewirkt werden können. Hierzu muss die betreffende Person erklären, dass ihr Geschlechtseintrag geändert werden soll. Sie hat mit ihrer Erklärung zu versichern, dass der gewählte Geschlechtseintrag oder die Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht. Außerdem muss sie versichern, dass ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. Mit der Erklärung sind die Vornamen zu bestimmen, die die Person zukünftig führen will und die dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen.

  • Nein, eine isolierte Änderung des Vornamens - ohne Änderung des Geschlechtseintrags - soll nach den Vorschriften des SBGG nicht möglich sein. Hierfür wird auf Grundlage des Selbstbestimmungsgesetzes keine Notwendigkeit bestehen. Zwar sieht das Transsexuellengesetz eine entsprechende Möglichkeit vor; dies ist jedoch einzig dem Umstand geschuldet, dass das TSG die Änderung des Geschlechtseintrags an sehr viel schwerere Voraussetzungen knüpft, als sie das SBGG vorsieht. Künftig sind bei der Änderung des Geschlechtseintrags neue Vornamen zu bestimmen, die dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen.
  • Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit einer (isolierten) Änderung der Vornamen nach den §§ 3 und 11 des Namensänderungsgesetzes, sofern ein wichtiger Grund die Namensänderung ausnahmsweise rechtfertigt. Dies wird im SBGG ausdrücklich klargestellt.

  • Eine Änderung des Vornamens ist im Regelfall, aber keineswegs immer notwendig. Mit ihrer Erklärung über die Änderung des Geschlechtseintrags hat die Person die Vornamen zu bestimmen, die sie zukünftig führen will. Die Vornamen müssen dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen. Entspricht der bisher von der Person geführte Vorname dem gewählten Geschlechtseintrag, so kann der bisherige Vorname beibehalten werden.

  • Auch künftig soll es die Einträge „männlich“, „weiblich“ und „divers“ im Personenstandsregister geben. Daran wird das Selbstbestimmungsgesetz in Bezug auf den Geschlechtseintrag nichts ändern. Auch wird es weiterhin möglich sein, dass keine Angabe beim Geschlecht eingetragen wird, bzw. die Geschlechtsangabe gestrichen wird.

  • Nein. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen ist drei Monate vor der Erklärung mündlich oder schriftlich beim Standesamt anzumelden. Erst nach Ablauf dieser Frist kann sie abgegeben werden. Dann wird sie sofort wirksam. Die Anmeldung wird gegenstandslos, wenn die Erklärung nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Erklärung abgegeben wird.

  • Auch nach dem TSG sind heute mehrmalige Änderungen des Geschlechtseintrags grundsätzlich möglich. Nach einer Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen gilt nach dem Entwurf für eine neuerliche Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr. Sie soll vor übereilten Entscheidungen schützen und die Ernsthaftigkeit des Änderungswunsches belegen. Im Übrigen gelten die gleichen Voraussetzungen wie für eine erstmalige Änderung. Die Sperrfrist gilt nicht für Minderjährige.

III. Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen von Minderjährigen

  • Für Minderjährige bis 14 Jahren sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben können; die Minderjährigen sollen sie nicht selbst abgeben können. Die Erklärung bedarf des Einverständnisses des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Die Erklärung des gesetzlichen Vertreters kann nur in Anwesenheit der minderjährigen Person beim Standesamt abgegeben werden. Bei Minderjährigen bis 14 Jahren muss der gesetzliche Vertreter zudem bei der Änderungserklärung mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2 SBGG erklären, dass er entsprechend beraten ist.
  • Minderjährige ab 14 Jahre sollen die Änderungserklärung selbst abgeben können. Deren Wirksamkeit soll allerdings die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraussetzen. Die Zustimmung soll durch das Familiengericht ersetzt werden können. Maßstab dabei soll - wie im Familienrecht allgemein - das Kindeswohl sein. Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige ab 14 Jahren müssen bei der Änderungserklärung mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2 SBGG selbst erklären, dass sie beraten sind. Zusätzlich finden sich in § 3 Absatz 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 SBGG Beispiele möglicher Beratungsstellen.

  • Das Familiengericht wird die Zustimmung der Eltern ersetzen können – so wie auch in anderen Konstellationen im Familienrecht. Maßstab dabei wird das Kindeswohl sein. Familiengerichte sind erfahren in der Prüfung des Kindeswohls.

  • Sind beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt, haben sie über die Änderungserklärung im Namen des Minderjährigen bzw. über ihre Zustimmung zu einer Änderung des Geschlechtseintrags eines ab 14jährigen Minderjährigen gemeinsam zu entscheiden. Sie müssen versuchen, sich zu einigen. Können sie sich nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils diesem die alleinige Entscheidung übertragen. Maßstab ist das Kindeswohl.

  • Hiergegen greifen die allgemeinen Schutzmechanismen des Familienrechts: Bei Gefährdung des Kindeswohls kann das Familiengericht von Amts wegen Schutzmaßnahmen treffen – bis hin zum Entzug des Sorgerechts (vgl. § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Erklärung des gesetzlichen Vertreters bedarf zudem des Einverständnisses des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat und kann nur in Anwesenheit der minderjährigen Person beim Standesamt abgegeben werden.

  • Im deutschen Recht ist für viele rechtlich relevanten Erklärungen von Minderjährigen die Zustimmung der Eltern erforderlich, und die Änderung des Geschlechtseintrags ist eine Entscheidung von großer Tragweite.
  • Für intergeschlechtliche Minderjährige ab 14 Jahren gilt bereits heute ein Zustimmungserfordernis der Eltern (§ 45b Absatz 2 PStG). Diese Regelung wirft in der Praxis keine Probleme auf.

IV. Wirkungen der Änderung des Geschlechtseintrag

  • Als Grundsatz soll auch künftig gelten: In Fällen, in denen das Geschlecht oder die Vornamen einer Person rechtlich relevant sind, kommt es auf ihren jeweils aktuellen Geschlechtseintrag und auf ihre aktuell dort eingetragenen Vornamen an.
  • Für bestimmte Lebensbereiche sieht der Gesetzentwurf klarstellende Regeln und/oder Sonderregeln vor. Diese Regeln betreffen insbesondere: (1) Quotenregelungen; (2) den Zugang zu Einrichtungen und geschützten Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen; (3) die Bewertung von sportlichen Leistungen; (4) medizinische Behandlungen; (5) den Spannungs- und Verteidigungsfall; (6) das Eltern-Kind-Verhältnis.

  • Für Quotenregelungen – also für Regeln, die für ein Gremium oder ein Organ eine Mindestanzahl oder einen Mindestanteil von Personen eines Geschlechts vorschreiben – enthält der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz eine klarstellende Regelung.
  • Ändert eine Person nach ihrer Berufung in ein Gremium oder ein Organ ihren Geschlechtseintrag, so soll das zunächst keine rechtlichen Folgen haben für die Frage, ob die Vorgaben der Quotenregelung eingehalten wurden. Maßgeblich soll der Geschlechtseintrag sein, den die betreffende Person zum Zeitpunkt ihrer Berufung in das Gremium oder Organ hatte.
  • Die Unterschreitung der Mindestanzahl oder Mindestquote, die aus einer Änderung des Geschlechtseintrags einer Person nach der Besetzung folgt, ist erst bei der nächsten Bestellung zu berücksichtigen.
  • Allein aus der Änderung eines Geschlechtseintrags folgt kein beruflicher Vorteil. Auch dort, wo es Geschlechterquoten für Frauen gibt oder Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt berücksichtigt werden sollen, gibt es im Regelfall Mitbewerberinnen. Das Merkmal der gleichen Qualifikation liegt zudem nur selten vor und ist für einzelne Bewerberinnen kaum vorherzusehen. Der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz bietet auch Schutzvorkehrungen gegen missbräuchliche Änderungen des Geschlechtseintrags. Personen, die ihren Geschlechtseintrag haben ändern lassen, sind für ein Jahr an den geänderten Eintrag gebunden. Sie müssen die Kosten für Dokumentenberichtigungen selbst tragen. Dies alles wird nicht allein aus der Vorstellung heraus erfolgen, hierdurch den vermeintlichen Vorteil einer Quotenregelung nutzen zu können. Außerdem muss die Erklärung über die Änderung des Geschlechtseintrags drei Monaten vorher angemeldet werden. Zudem erfahren Personen, die ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen geändert haben, im Alltag und im Berufsleben häufig Diskriminierung und Benachteiligung.

  • Im Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz ist klargestellt, dass die Bewertung sportlicher Leistungen unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden kann. Das heißt: Die Länder können hier im Rahmen ihrer Zuständigkeiten passgenaue Lösungen entwickeln.

  • Das Selbstbestimmungsgesetz wird die Autonomie des Sports nicht antasten. Nach geltendem Recht entscheiden Sportvereinigungen und Zusammenschlüsse weitgehend in eigener Zuständigkeit darüber, welche Personen zu welchen Wettbewerben zugelassen werden. Daran wird sich nichts ändern.

  • Sind Behandlungen vorzunehmen, bei denen geschlechtsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist (z.B. eine Prostata-Krebsvorsorgeuntersuchung), kommt es nicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister an. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung knüpfen an den individuellen Bedarf nach biologischen und psychosozialen Gegebenheiten an.

  • Für den Spannungs- und Verteidigungsfall sieht der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz eine Sonderregelung vor: Für den Dienst mit der Waffe soll vorübergehend die rechtliche Zuordnung zum männlichen Geschlecht bestehen bleiben, wenn ein Änderungsantrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Spannungs- und Verteidigungsfall gestellt wird.

  • Das Selbstbestimmungsgesetz trifft keine Regelungen über den Strafvollzug. Die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug liegt bei den Ländern. Es bleibt insoweit bei der bisherigen Rechtslage. Das bedeutet: Die Unterbringung von Strafgefangenen muss sich nicht allein am Geschlechtseintrag orientieren. Das Grundgesetz und die Fürsorgepflicht der Anstalt verlangen, bei der Unterbringung die Sicherheitsinteressen und Persönlichkeitsrechte aller Strafgefangenen zu berücksichtigen. Ändert ein Strafgefangener mit dem Geschlechtseintrag „männlich“ den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister in „weiblich“, können je nach Einzelfall Persönlichkeitsrechte und Sicherheitsinteressen anderer Strafgefangener der Verlegung in ein Frauengefängnis entgegenstehen.
  • Bisher haben die meisten Landes-Strafvollzugsgesetze Regelungen, die bestimmen, dass „Frauen getrennt von Männern untergebracht werden“ (orientiert an § 140 Absatz 2 Strafvollzugsgesetz). Einzelne Länder haben bereits differenzierte Regelungen zur Unterbringung transgeschlechtlicher Strafgefangener geschaffen (vgl. § 11 Berliner Strafvollzugsgesetz, § 70 Hessisches Strafvollzugsgesetz, § 11 Landesstrafvollzugsgesetz Schleswig-Holstein). Die übrigen Länder können jederzeit folgen und so im Einzelfall passende Lösungen ermöglichen. Die Länder tauschen sich regelmäßig dazu aus, wie der Strafvollzug weiterzuentwickeln ist. Auch die richtige Unterbringung von transgeschlechtlichen Gefangenen ist Gegenstand des Austauschs.

  • Seit 2011 müssen sich transgeschlechtliche Personen für eine Änderung des Geschlechtseintrags nicht mehr sterilisieren lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Erfordernis als verfassungswidrig verworfen. Nach einer Änderung des Geschlechtseintrags können transgeschlechtliche Personen also schon heute Eltern werden.
  • Mittlerweile gibt es vier mögliche Angaben beim Geschlecht im Personenstandsregister (männlich, weiblich, divers, keine Angabe), das Abstammungsrecht kennt jedoch nur "Mutter" und "Vater".
  • Die Frage, wie die Elternschaft von trans- und intergeschlechtlichen sowie nichtbinären Personen anerkannt wird, soll mit der Abstammungsrechtsreform geregelt werden. Diese wird derzeit vorbereitet und ist ebenfalls für diese Legislaturperiode geplant.
  • Im Selbstbestimmungsgesetz ist bis dahin eine Interimslösung vorgesehen. Danach kann auf Verlangen der als „Mutter“ oder „Vater“ in einer Geburtsurkunde eingetragenen Person diese Bezeichnung durch „Elternteil“ ersetzt werden, wenn sie ihren Geschlechtseintrag geändert hat oder ohne Änderung des Geschlechtseintrags weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet ist. Ist ein Elternteil des Kindes mit der Bezeichnung „Elternteil“ eingetragen, so wird auf Verlangen des anderen Elternteils dessen Eintrag als „Mutter“ oder „Vater“ ebenfalls durch die Bezeichnung „Elternteil“ ersetzt werden. Die Interimslösung knüpft für die Vaterschaft aufgrund Ehe oder Anerkennung grundsätzlich an den (gewählten) Geschlechtseintrag einer Person zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes an. Zusätzlich sieht der Entwurf jedoch die Möglichkeit vor, bei Beurkundung der Geburt gegenüber dem Standesamt zu erklären, dass der (alte) Geschlechtseintrag vor Abgabe einer Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags maßgeblich sein soll.

  • Der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz sieht vor, dass Betroffene eine Anpassung von Angaben zum Geschlecht und zu den Vornamen in Registern und Dokumenten verlangen können. Das entspricht der geltenden und bewährten Rechtslage. Bei amtlichen Registern dürfen der gewünschten Datenberichtigung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Das kann zum Beispiel bei einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung der Fall sein.
  • Der Personalausweis enthält keine Angabe zum Geschlecht; insoweit ergeben sich bei der Änderung des Geschlechtseintrags keine Auswirkungen. Im Reisepass wird der Geschlechtseintrag vermerkt. Der Pass muss neu beantragt werden.

V. Vertragsfreiheit, Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten

  • Das Selbstbestimmungsgesetz (bzw. ein bestimmter Geschlechtseintrag) wird keinen Anspruch auf Zugang zu geschützten Räumen vermitteln. Die bestehende Rechtslage in Bezug auf die Vertragsfreiheit und das private Hausrecht bleibt durch das Gesetz unberührt. Wie bislang sind gesetzliche Grenzen der Vertragsfreiheit zu beachten (z.B. die Grenzen durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz / AGG). Danach ist eine Zurückweisung speziell von transgeschlechtlichen Personen allein aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität unzulässig. Unterschiedliche Behandlungen wegen des Geschlechts sind zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt (§ 20 AGG). Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt (§ 20 Absatz 1 Nummer 2 AGG). Auch insoweit wird sich durch das Selbstbestimmungsgesetz nichts ändern. Das heißt: Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig.

VI. Geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen

  • Der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz trifft keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen. Das Gesetz wird ausschließlich die Frage regeln, unter welchen Voraussetzungen die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Personenstandsregister ermöglicht wird.
  • Für geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen gelten weiterhin die einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien. Auch die Frage der Kostenübernahme von geschlechtsangleichenden Behandlungen wird nicht im Gesetz geregelt.

VII. Geschlechtsspezifische Familiennamen

  • Die Änderung geschlechtsspezifischer Familiennamen wird nicht im Selbstbestimmungsgesetz geregelt werden, sondern ist Teil der Namensrechtsreform. Ein Gesetzentwurf zur Namensrechtsreform wurde zeitgleich mit dem Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz vom Kabinett beschlossen.

VIII. Das sog. Offenbarungsverbot

  • Das Selbstbestimmungsgesetz soll ein sogenanntes Offenbarungsverbot enthalten - als Schutz gegen ein Zwangs-Outing: Frühere Geschlechtseinträge sollen ohne Zustimmung der betreffenden Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits im geltenden Recht (§§ 5, 10 Transsexuellengesetz), jedoch wird nunmehr zusätzlich klar geregelt, welche Befugnisse und Verpflichtungen hiermit für öffentliche Stellen einhergehen.
  • Der Entwurf trägt gleichzeitig den schützenswerten Interessen von Angehörigen Rechnung. Kinder, Eltern und (frühere) Ehegatten können ein legitimes Interesse daran haben, frühere Vornamen und Geschlechtseinträge von Betroffenen als Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte zu verwenden. Diese Personengruppe ist nur dann zur Angabe des geänderten Geschlechtseintrags und der Vornamen verpflichtet, wenn dies für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist. Im Übrigen dürfen die genannten Personen die vor der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen eingetragenen Daten der betroffenen Person nennen. Ein Kind, dessen rechtlicher Vater seinen Geschlechtseintrag ändern lässt, darf zum Beispiel im privaten Bereich die früheren Vornamen des Vaters nennen.
  • Ein Verstoß gegen das Offenbarungsverbot ist nun bußgeldbewehrt. Der Bußgeldtatbestand setzt voraus, dass durch die Offenbarung die betroffene Person absichtlich geschädigt wird.

  • Ein generelles Verbot des „Misgenderns“ oder „Deadnamings“ gibt es im SBGG nicht. Ein wiederholtes oder besonders intensives Verhalten („Mobbing“) kann bereits von bestehenden Strafvorschriften erfasst sein. So kann im Einzelfall der Straftatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) sowie in Einzelfällen der Straftatbestand der Körperverletzung (§ 223 StGB) oder der Nachstellung (§ 238 StGB) erfüllt sein.

IX. Zahl der Betroffenen / Relevanz der Frage

  • Wie viele Menschen in Deutschland transgeschlechtlich sind, lässt sich nicht präzise beziffern. Auskunft über ihre geschlechtliche Identität können Menschen nur jeweils selbst geben. Es fehlt allerdings an verlässlichen Erhebungen.
  • Allenfalls einen groben Anhaltspunkt liefert die Zahl der gerichtlichen Verfahren nach dem TSG. Die jüngsten Zahlen lauten wie folgt:

    Jahr201320142015201620172018201920202021
    Zahl der Verfahren141714431648186820852614258226873232

Quelle: bundesjustizamt.de

  • Vielfältige geschlechtliche Identitäten gab es schon immer. In manchen Gesellschaften wurde respektvoll mit dieser Vielfalt umgegangen. In vielen Gesellschaften - auch in Deutschland - wurde geschlechtliche Vielfalt jedoch über Jahrhunderte ignoriert beziehungsweise als krankhaft angesehen und unterdrückt. Inzwischen gibt es eine Entwicklung hin zu mehr Sichtbarkeit, Offenheit und Anerkennung von transgeschlechtlichen Personen. Die Tatsache, dass sich transgeschlechtliche Personen vermehrt outen, bedeutet nicht, dass es eine „Modeerscheinung“ ist.
  • Wenn sich gesellschaftliche Annahmen in eine progressive Richtung entwickeln, machen diejenigen, die diesen Fortschritt nicht gutheißen, oft eine "gesellschaftliche Ansteckung" als eine Art "Modeerscheinung" dafür verantwortlich. Dasselbe Argument fand sich bereits zur vermeintlichen Trendhaftigkeit von Scheidung oder zu lesbischer, schwuler und bisexueller Identität.

X. Entschädigungsfonds

  • Die Umsetzung des im Koalitionsvertrag vereinbarten Entschädigungsfonds bedarf noch der Vorbereitung. Er wird zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werden.

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